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Sonntag, 19. Februar 2012
Wie Sojamilch hilft, die innere Mitte zu finden
Vegan sei sie geworden, esse jetzt viel bewusster und schleift mich zu Starb*cks für einen Kaffee. Die hätten ja schliesslich Max Hav*la*r und Sojamilch. Sojamilch sei ganz wichtig; nicht nur weil sie jetzt vegan sei, sondern auch ganz Allgemein. Ob ich eigentlich wüsste, wie ungesund Kuhmilch sei und wie fahrlässig das wäre, das einfach so an Kinder zu verfüttern. Man stelle sich mal vor, Generationen von Kindern werden mit Milch und anderen Milchprodukten regelrecht vergiftet da wird die Menschheit doch demnächst aussterben müssen. Aber rauchen tut sie weiterhin – man will sich schliesslich auch mal was gönnen.

Seit sie vegan sei, sei sie jedenfalls viel mehr bei sich, meint sie. Sie hätte ihre Mitte gefunden. Währenddessen wir so bei Starb*cks sitzen, tippselt sie in ihr Handy, simst, schaut beim Fratzenbuch nach dem Rechten und zwitschert. Wäre ja schrecklich, mal was zu verpassen. Demnächst würde sie nach Indien fahren, um ihre Meditationserfahrungen zu vertiefen.

Sie plappert, verliert ständig den Faden und ist nichtssagend. Ich langweile mich. Vor vier Jahren, als sie die Schweiz verliess, habe ich geweint, hatte sie die Lieblingsdeutsche genannt und war untröstlich. Etliche Treffen folgten. Mal hier, mal in Deutschland. Bis sie anfing, ihre Mitte zu suchen und immer mehr zu zerfahren – Aussen wird sie diese Mitte auch niemals finden können. Diskutieren scheint mit ihr sinnlos.

Ich warte, bis ich ihren Redeschwall unterbrechen kann und verabschiede mich.
Donnerstag, 16. Februar 2012
Mondland
Timanfaya. Wir machen eine Bustour. Ein junges Pärchen sitzt neben uns und bestaunt die Lavalandschaft. Der Lautsprecher erklärt, wie das alles während der Vulkanausbrücke mit Lava zugedeckt wurde. Sie: »Ist das hier tatsächlich alles Lava? Das ist ja ganz schrecklich!« Er: "Ich glaube, das war vorher schon eine Steinwüste und als die Vulkanausbrüche kamen, gab es noch ein bisschen Lava dazu. Anders kann ich mir das Ganze nicht erklären.«

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Ich dränge, ich wolle noch nach Famara fahren. Als wir das letzte Mal – vor 20 Jahren – auf dem Mondland waren, hatte mich meine Starka in Famara mit einem Bonbon bestochen, damit ich hysterisch werde und mich weigere an den Strand zu gehen. Ich will wissen, was ich damals verpasst hatte. Der Strand: ganz nett. Viel angeschwemmtes Grünzeug, Surfer, grosse Wellen. Und Vögel!

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Irgendwann sitze ich in der Hotellobby und bearbeite das Apfelphon. Ein älteres Ehepaar setzt sich dazu, sie holen ein Scrabble hervor und fangen an zu spielen. Auf einmal meint sie dann zu ihm: »Sag mal, sollten wir sie nicht fragen, ob sie mitspielen möchte?« Er: »Schau sie dir doch an, so amerikanisch, wie sie aussieht, wird sie doch kein Deutsch können.« Und er fängt an, sich über mein ach so amerikanisches Aussehen auszulassen. Beim Weggehen wünsche ich den beiden in schönstem Hochdeutsch noch viel Spass beim Spielen. Er läuft hochrot an. Sie: »Ich hab's dir doch gesagt!«

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Arrecife. Das archäologische Museum. Vor der Burg hat es eine grosse Tafel mit Überschrift »museo arceologico«. Die Burg: verlassen. Als ob es da niemals ein Museum gegeben hätte. Die Türen verschlossen, der Weg von der Brücke zur Burg mehr ein Trampelpfad (auf dem ich mich selbstverständlich gleich mal auf den Boden werfe – sehr zur Erheiterung der Mutter).

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Am Flughafen bei der Durchgangskontrolle nimmt mich ein Zollbeamter beiseite. Er sagt etwas, das sich so anhört, als spräche er eine uralte Stammessprache. Ich frage ihn, ob er nicht Englisch sprechen könne. Er wiederholt seinen Satz mit zunehmender Eindringlichkeit und spielt mit seinem Schlagstock. Ich überlege fieberhaft, was ich denn so furchtbar Böses dabei haben könnte, bis mir einfällt, dass mir die Mutter im Hotel noch was ins Handgepäck gesteckt hat. Ich öffne die Tasche und sehe das Übel: eine volle Halbliterflasche Wasser. Der Zollbeamte sichtlich erfreut, dass ich ihn endlich verstanden habe, nimmt die Flasche und entsorgt sie.